Episode 1: Hegels Logik
Patrick Eiden-Offe (ZfL) spricht mit Falko Schmieder (ZfL) über Patrick Eiden-Offe: Hegels ›Logik‹ lesen. Ein Selbstversuch (Berlin: Matthes & Seitz 2020).
Veröffentlicht am 15.3.2021.
In einem langen Berliner Winter hat Patrick Eiden-Offe den Selbstversuch gewagt und sich jeden Morgen eine Stunde in die »Wissenschaft der Logik« vertieft. Mit Falko Schmieder spricht er über persönliche Zugänge zu Hegels vermeintlich unpersönlichstem Werk, die Tradition des Lektürebuchs von Lenin über Brecht bis Althusser und Hegellektüren nach der Postmoderne.
Erschienen 2020, zum 250. Geburtstag des Philosophen, ist sein Lektüreexperiment auch ein Beitrag zur im Jubiläumsjahr allseits diskutierten Aktualität Hegels. Die Vertiefung ins »dunkle Herz des Hegel’schen Systems« erlaubt dabei ein Heraustreten aus dem aktuellen Geschehen und gleichzeitig eine Neubestimmung Hegels als Zeitgenossen, der uns noch immer etwas zu sagen hat.
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Eiden-Offe nähert sich der »Logik« in seinem Buch über drei Zugänge. Der erste geht mit Brecht über den Humor und stellt uns Hegel als Denker der Veränderung und des Unabgeschlossenen vor. Der zweite sucht über den Begriff der Erfahrung in Hegels »Logik« nach Spuren der Krisen seiner Zeit. Im dritten nähert sich der Literaturwissenschaftler Eiden-Offe Hegel über die Entfaltung von, mit Adorno gesprochen, »schönen Stellen«.
Ausgehend von diesem Gerüst geht es im Gespräch um Hegels Interesse am Dialektischen (und weniger der Dialektik), um sein Denken der Auflösung (und weniger der Aufhebung) und das gemeinsam mit Hölderlin angegangene Projekt einer neuen philosophisch-poetischen Sprache.
Um Sprache geht es auch dem Nature Writing – und bei der Anwendung dieses Begriffs auf Hegels Schreiben um die Frage, wie viel Materialismus beim großen »Philosophen des Geistes« zu finden ist. Eine weitere Überraschung schließlich ist in der heutigen Lektüre der Trost, den Hegels Logik zu spenden vermag.
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Patrick Eiden-Offe ist Germanist und arbeitet derzeit an einer intellektuellen Biographie von Georg Lukács. Der Kulturwissenschaftler Falko Schmieder ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsprojekt Das 20. Jahrhundert in Grundbegriffen am ZfL.
www.zfl-berlin.org
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Weiterführende Literatur:
Judith Butler: »To Sense What Is Living in the Other: Hegel’s Early Love / Fühlen, was im anderen lebendig ist: Hegels frühe Liebe«. dOCUMEMTA 13. 100 Notes – 100 Thoughts, Nr. 66, Ostfildern: Hatje Cantz 2012
Judith Butler: Subjects of Desire. Hegelian Reflections in Twentieth-Century France. New York: Columbia UP 2012
Theodor W. Adorno: Drei Studien zu Hegel. Aspekte. Erfahrungsgehalt. Skoteinos oder Wie zu lesen sei. In: Gesammelte Schriften, Bd. 5. Frankfurt a.M.: Suhrkamp 2003
Bertolt Brecht: Flüchtlingsgespräche. Frankfurt a.M.: Suhrkamp 2000
Gilles Deleuze: »Der Fürsprecher«, in: ders.: Unterhandlungen. 1972–1990. Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1993, 175–226
Friedrich Hölderlin: »Seyn Urtheil Möglichkeit«, in: ders.: Sämtliche Werke, Briefe und Dokumente in zeitlicher Folge [= Bremer Ausgabe], Bd. IV: 1794/1795, hg. von D. E. Sattler. München: Luchterhand 2004, 163 f.
Hans Heinz Holz: Aufhebung und Verwirklichung der Philosophie. 3 Bde. Berlin: Aurora-Verlag 2010–2011
Christoph Menke: Autonomie und Befreiung. Studien zu Hegel. Berlin: Suhrkamp 2018
Vladimir I. Lenin: »Zur Kritik der Hegelschen ›Wissenschaft der Logik‹. 1914 Bern«, in: ders.: Aus dem philosophischen Nachlass. Exzerpte und Randglossen. Berlin: Dietz 1961, 1–164
Terry Pinkard: Hegel: A Biography. Cambridge: Cambridge UP 2000
Peter Weiss: Hölderlin. Stück in zwei Akten. Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1971
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